FRÄCHI SIECHE ODER MORGENSTUND HAT GOLD IM MUND… |
An einem, an sich wunderschönen, Mittwochmorgen anfangs Februar des noch jungen Jahres 2007, stand ich um neun Uhr morgens, nach Lebensenergie lechzend, unter der Dusche meiner bescheidenen 3 Zimmer Villa und genoss den Luxus eines Mitteleuropäers, der sich neben einem guten Fahrrad, einer 3 Zimmervilla mit Stockhornblick, einem gut designten Kühlschrank Inhalt auch noch ein exklusives Duschgel leisten kann. Im Radio liefen gerade die Nachrichten auf DRS 2, durch das sanfte Wasserplätschern hörte ich etwas von Rekordgewinnen… Mein serbelndes Schmalspurgeschäft kann da nicht gemeint sein, hatte ich doch, gestern den ganzen Tag und die halbe Nacht in den Geschäftszahlen der letzten 5 Monaten rumgewühlt und mir ernsthafte Sorgen um die Zukunft gemacht… Also stellte ich das leichte Wasserplätschern ab und hörte mir die Meldungen an: Zureich, die UBS erwirtschaftete im 2006 einen Rekordgewinn von 12,5 Milliarden Schweizer Franken… Die Grossbank erhöhte ihren Gewinn um bla bla Prozent und bla bla… Bagdad: Bei einem Selbstmordattentat starben heute Morgen in der Irakischen Metropole 167 Personen… ein Attentäter sprengte sich… Hey geit’s no..??? Für solche Schreckensmeldungen zahle ich Konzessionsgebühren… da vergeht einem das gemütlich Morgenduschen, simer Ehrlich..! 12,5 Milliarden harte Schweizer Franken Gewinn in 12 Monaten… Das sind 1,04 Milliarden pro Monat… Eine unvorstellbare Zahl… Der erste Gedanke war: Frächi Sieche..!! Die grosse UBS hat an diesem Tag, mit ihrer Supermeldung die Saison der Gewinn-Bilanzvorführung eröffnet, quasi das neuste der neuen Testamente ausgerufen…
Ein Schlag ins Gesicht eines/r jeden Normalverdienenden, gar nicht zu reden vom, Reglementswidrigen, Nierenschlag für all diejenigen die noch eine Stufe weiter unten in der sozialen Rangordnung stehen… Gar nicht zu reden von den Menschen in der Dritten Welt. In den nächsten Wochen werden noch weitere Jubelmeldungen folgen, die Banker sind zwar nicht zufrieden, es hätte mehr sein können…!!!! Denn mehr ist immer besser… Und grösser ist nicht nur für Männer besser… Wär hett da dr gröscht..??? Das devote, abgestumpfte Schweizervolk nimmt diese Demonstration der Macht, der bestehenden Systeme, einfach so zur Kenntnis, kein Murren, keine Proteste, keine Leserbriefe und keine Boykotts gegen die grossen Banken und Versicherungen, gegen die Pharmamaffia mit ihren asozialen Geschäftsgebahren… Warum auch ?? Wir erhalten ja immer am Dienstag die Ankündigungen der neuen Aktionen von Denner frei Haus, am Mittwoch die Carrefoure Billig News und sowieso immer die von Coop und Migros und so haben ja auch wir die grossen Gewinnmöglichkeiten….
Wir können dank der weitverbreiteten GEIZ IST GEIL Mentalität auch am Big Business teilhaben… Hey, scho wider 3 Schtutz gschpart, krass! U solang no Chole usechöme weme z’ Chärtli inehett… Und solange das Handynetz in der Schweiz gut funktioniert und an jedem Eck eine Mobil Telefon Kapelle steht wo Mann/Frau seinen Glauben zelebrieren kann… Oh Orange, Schenke mir deinen Himmel… deine Strahlen sollen mich leiten, dein Gewinn sei Dir sicher… Oh Swisscom, ohne dich bin ich ein nichts, eine arme Sau, alleine im Stau… vor dem Carrefoure! Neue Religionen bringen neue Kirchen und solange ihre Minarette bei 30 Meter Höhe nur Strahlen und nur wie Antennen aussehen, ist hier alles in Ordnung und es werden auch wieder neue Kapellen eröffnet und täglich wird die Gläubiger Gemeinde grösser und breiter… Inshalla…!!!! FAZIT: In diesen Wochen sprachen wir auch viel von der Klimakatastrophe, Reduktion des Co2 Ausstosses, von Einschränkungen und so weiter und so fort…
Die Riesengewinne der Multis müssen re-investiert werden und das werden sie zu 100% in die bestehenden Systeme und wirken so Systemerhaltend. Keine einzige, magere Million aus der Schatulle von UBS, NOVARTIS oder CREDIT SWISS landen bei Mikrokreditinstituten, niemand spendet für den Aufbau Demokratischer Strukturen im Sudan, lieber eine Kobalt Mine in Namibia kaufen oder indirekt den Kokainhandel in Mexico fördern, sonst hat man dann plötzlich als CEO nur noch 12 Millionen Gage im Jahr und das wäre ja dann doch ein wenig mager… das verstehe sogar ich als “unbiudete Chligwärbler us dr Provinz“. Auch das Fussvolk will nicht verzichten, wir alle sind durch Jahrzehnte Luxus nicht mehr fähig abzugeben und vor allem die aktuellen Generationen die heute die Hauptlast des Konsumdrucks aufzunehmen haben, sind sich nichts anderes als Konsum in Reinkultur, als Lebens-haupt-inhalt gewöhnt.
Was definitiv auf der Strecke geblieben ist, in den letzten Jahren: Die Gemeinschaft, das Interesse an oekologischen und sozialen Zusammenhängen und auch die Reflektion unseres t(h)uns im Hier und Heute, das aussprechen unserer Meinung und vor allem das überhaupt eine Meinung haben. Konsum macht nicht glücklich, kann gar nicht glücklich machen… Zu viele Sachen vermachen! Wir veröden, wir verblöden und wenn wir so weitermachen werden wir in 12 Jahren ein Klima haben wie unser Namensvetter in Nordafrika und können dann den Ortsnamen wechseln, und uns passenderweise Thunesie nennen. Kopftücher, Turbane, Eselkarren und Wasserknappheit werden dann zu unserem Alltag gehören und die Antennen werden dann Minarette sein. Inshalla.
THUN 21. FEBRUAR 2007 / GESCHRIEBEN FÜR DAS THUNER TAGBLATT