Der Krieg als Medienhappening, Thun als Planungsleiche, ein Jahr Denner-Hauptpost Thun und, das Rimini am Alpenrand blüht weiter, Worte zum April 2003 von MC Anliker
Der illegale und agressorische Krieg, den die USA, England, Spanien und noch ein paar kleine Nationen gegen den Irak nun wirklich angefangen haben und durchziehen, ist das Thema. Alle wissen etwas, Experten zuhauf und jeder hat seine Interpretation und die Radios und Fernsehstationen berichten, Marionetten gleich, das von den Strategen präparierte und bereitgestellte Bildmaterial… Eine neue Dimension auch auf der Antikriegsseite… Aber, dies alles ist bekannt und dieser Krieg ist zu verurteilen und abzulehnen und Bush und Blair (BB) soll der Himmel verweigert werden…, auf dass sie in der Hölle schmoren…! Ich aber will mich hier um die lokale Hölle, den tagtäglichen Wahn im Hier und Jetzt kümmer, weil das auch eine Art Krieg ist… Nur ohne <IKRK> und <CNN>…
Veränderungen, falls man sie wahrzunehmen bereit ist, passieren tagtäglich in kleinsten Schritten rund um uns herum. Sie sind manchmal gut und einsichtlich. Doch meistens frage ich mich, was das jetzt wieder soll, und in welchem kranken Hirn das nun wieder gereift ist. Die Denner-Post am Bahnhof ist ja nun schon fast ein Jahr in Betrieb und noch immer kriege ich Zustände in dieser Ansammlung des schlechten Geschmackes und komme regelmässig schlecht gelaunt aus dieser Hochburg der Biederkeit und keine Aussichten weit und breit, mich jemals mit dieser Fehlplanung anzufreunden… mir scheint aber auch das Postpersonal sehr unglücklich über ihren Arbeitsplatz und seit diese „Gruebe“ auch noch aussieht wie eine Mensa oder ein Bahnhofskiosk färbt das auch auf die Mitarbeiter/innen ab… Keine heisse Braut mehr hinter der Trese und wenn Du dann nach 28 Nummer-Anstehen, endlich drankommst, kriegt die biedere Pöstlerin sicher noch Besuch einer Arbeitskollegin auf Mutterschaftsurlaub, die nun die Schaltertour macht, um ihr Baby zu präsentieren… Nun sind ja Neugeborene Kinder objektiv gesehen wirklich nicht schön, das bilden sich alle drumherum nur ein, und junge Mütter, 2 Wochen nach der Geburt, sehen sowieso nie schön aus, noch wirken sie schön oder entspannt, wie sollten sie auch, nach all diesen neuen tiefschürfenden Erfahrungen und wie soll eine biedere Pöstlerin in so einem Fall noch irgendwie eine gute Ausstrahlung haben… Alles in Allem… Es ist die Hölle! In solchen Momenten verstehe ich Amokläufer/innen und sie geniessen mein vollstes Mitgefühl. Um mich und meine Umwelt nicht unnötig zu gefährden, schicke ich meistens Meister Schäublin in die Denner-Post, er ist in dieser Richtung irgendwie cooler drauf, warum das so ist, habe ich noch nicht herausgekriegt, aber ich arbeite daran…!!
Das Schlimme an dieser Hauptpost Thun Situation, ist der Umstand, dass ja nicht nur der Monsterkonzern PTT Fehlplanungen am laufenden Band bringt, nein, auch die Planung am Bahnhofplatz Thun ist irgendwie aus dem Lot und bringt uns eine Art russisches Stadtbild, plan- und ziellos fährt da alles kreuz und quer, über Löcher, Wellen, pseudo Trottoire und Vorplätze… Eine Strasse ist plötzlich auch ein Fluss und ein Bahnhofplatz scheint nur noch die Funktion zu haben, den Busfahrer-Faschos ihre Macker-Formations-Abfahrt alle 15 Minuten zu ermöglichen… Wehe Du bist mit Deinem Velo im Weg…!
Die neuste sinnlose Änderung bringt seit ein paar Tagen die Swisscom®. Wer sich, wie ich manchmal, vom 090077 Weckservice wecken lässt hat 12 Jahre gehört: Dim, dim, dim, düm… Ihr Anschluss ist registriert, ihr Anschluss wird zur gewünschten Zeit angerufen… Diese Stimme hat zu meinem Leben gehört, es war Jahrelang die letzte Frauen Stimme, die ich Nachts gehört habe. Ob echt oder synthetisch weiss ich nicht… Habe ich auch gar nicht wissen wollen…! Nun, vorgestern habe ich mir spätabends einen Feierabend Joint gebaut und davon einen drittel geraucht und dann habe ich auf dem „Manu Chau“ Album nur noch die Marimba Glocken gehört und irgendwann habe ich den Telefonhörer in die Hand genommen und habe 0900770700 gewählt das heisst, ich wollte mich um 07.00 Uhr wecken lassen. Ist doch ok? Oder? Aber oho… da kam so eine verdächtige Schlummermusik und ich dachte, jetzt hast Du eine 0800 Nummer für Fr. 17.55 die Minute drauf, scheisse…! Ich habe sofort aufgelegt und stoned wie ich war, musste ich das Telefonbuch zu Hilfe nehmen, doch da stand schwarz auf weiss: Automatischer Weckdienst: 090077 & die Zeit. O.K., nochmals…! Wieder diese <Virtual Wanker Music> und nun eine Stimme aus dem Off… Das habe ich mittlerweile vergessen… aber es klang scheisse, wie so vieles bei Swisscom®, nach dem Motto: Hauptsache man macht etwas sinnloses!
Die nächste sinnlose Neuerung steht uns noch bevor: Unsere alte Kult Tante, bei der wir die Hälfte der Einrichtungen unseres geliebten Clubs, der Lieblingsclub von Frau Fromm aus Konstanz, eingekauft haben, wurde auf’s hohe Alter hin noch zwangsverheiratet und muss sich nun neu orientieren, kriegt ein neues Outfit und muss noch den Namen ändern… Die Tante heisst <EPA> und war zeitlebens eine heisse Braut mit einem hohen Kultstatus und bei allen kreativen Köpfen, dieses Landes, total angesagt.
Spoerry, Rist, Michel und Breitenmeier kauften neben den Einkäufen in den Brockenhäusern, vor allem in der EPA die Zutaten für ihre hochangesagte Kunst ein.
Mis Mami chouft alles i dr EPA…!
Nun hat der unsexy Konzern Coop zugeschlagen und aus der EPA wird Coop City… da kriegt man fast Hühnerhaut…! Das kommt nicht gut, das sage ich heute schon!
Was mich immer (?) erstaunt, wie hier in diesem Land alle Leute so emotionslos alle diese Neuerungen, die meistens mit einem Qualitätsverlust einhergehen und mit einer Serviceverteuerung enden, akzeptieren und schlucken…! Keine Wut, keine Rebellion, keine Demo… keine Molotov Cocktails… Nein, nur schlucken und so tun, wie nichts wäre…! Aber: wo keine Wut, wo kein Leid zugelassen wird, kann auch keine Freude sein! Sind wir ehrlich! Das macht es eben genau aus hier, ein Thema, das wir immer wieder in der Backstage (Künstlergarderobe) bereden… Ist: die Unglücklichkeit und die Unzufriedenheit, die hier herrscht, etwas was vor allem Leute aus ganz armen Ländern wie Mozambique, Burkina Faso, Mali und so, sagen… Why you are so unhappy??? You have everything and you are rich! Nun, Reichtum schürt die Verlustangst und dass wir hier auf alle Fälle langsam Federn lassen müssen, ist uns allen klar. Die fetten Jahre sind vorbei! Definitiv!
Dazu ein paar Zahlen: Die mittlere Lebenserwartung in Burkina Faso ist bei 44 Jahren, in der Schweiz bei 80 Jahren, die mittlere Geburtenzahl pro Frau ist hier bei 1,4, dort bei 6,4 Kinder, 500 Computer pro 1000 Schweizer, 1,3 pro tausend Burkinas, der jährliche Energieverbrauch ist in Burkina Faso bei 16 kg Erdöl, bei uns 3738 Kilo pro Person, das Bruttosozialprodukt ist in Burkina bei 210 Dollar und Kopf/Jahr, bei uns 38’140 Dollar!! Da sind wirkliche Welten dazwischen… Das muss man sich das nächste Mal vor Augen führen, wenn wieder Musiker aus Mali, Senegal, Mozambique, Burkina Faso auf unserer Bühne stehen! Ich wollte einmal den Musikern von Habib Koite bei einem Frühstück Begriffe wie Isolation und Einsamkeit erklären… Das war unmöglich, denn in Mali bist Du niemals alleine, das kennen diese Kulturen einfach nicht. Hier hat man schon eher das Problem, dass man nirgendwo mehr alleine ist… die ersten Frühlingstage haben klar aufgezeigt, dass der Trend vom Sommer 2002 weitergezogen wird. 6+10 Packs Bier und Smirnov Ice, in die Parks, an die Fluss- und Seeufer schleppen, dort akkordmässig Indoortüten bauen, diese runterbrennen, dann die lauwarmen Alkopops reinfahren und wenn die Müllhalde voll ist, einfach den Platz wechseln und weiter machen… die Flaschen in den See werfen und sich als Antiglobalisierungsgegner bezeichnen… Abends dann, nach einer Zwischendusche und Mammis Gratisküche, auf den Mühleplatz oder im Mokkagarten weitersiffen, nur das im letzten Garten diese Art von Verblödung nicht wirklich toleriert wird und immer weniger toleriert werden kann.
Wir sind als Gastgewerbebetrieb auch auf den Verkauf von Getränken angewiesen, wenn wir, wie beim «STRESS» Konzert pro Abend 300 leere Dosen, Flaschen entsorgen müssen, ist das für uns nicht mehr tolerierbar und bei Vodka und Whisky Flaschen gibt es eh nur das einziehen derselben… Es wird ein harter Sommer werden, das spüre ich. Café/Bar Mokka als einziger Laden in diesem Rimini am Alpenrand, der von seinen Gästen Respekt und Anstand fordert… Ansonsten ist niemand mehr da, der sich noch wagt, unserer Jugend einen kleinen Widerstand entgegen zu halten… Weil sich ja niemand das grosse Geschäft mit der Jugend verderben will, weil die Jugend halt schon eine extrem flüssige Konsumentenschicht ist, in mehrfacher und wortwörtlicher Hinsicht.
Ich weiss, dass jetzt der/die einen oder andere der/die das liest, sagen wird: Der wird auch langsam alt der Anliker… Hey, MC, Du sötsch öppe de langsam ufhöre…! Nun, ich habe noch einiges vor hier in diesem Kaff, und Inhalte werden sicher wieder einmal angesagt sein, zudem empfehle ich einen Blick in unser Kulturprogramm… nehmt einen Kleinkredit auf und wir sehen uns regelmässig, so einfach ist es… denn: jeden Abend «strike on Iraq, live on CNN» kann es nicht sein… das schadet Euren zarten Seelen und zudem, könnte es vielleicht auch wieder einmal regnen… und die Temperaturen könnten auch noch sinken, so dass Ihr froh seid, bei uns ein Dach über den Kopf zu kriegen… Ha. Ha. Ha Ha…. (Wir als quasi Rotkreuz für Zivilisations Opfer…)
Liebe Freundinnen und Freunde gepflegter Toiletten, frischer Blumen und schlecht geschminkten MC’s… Ich wünsche Euch einen schönen April nach dem Motto: Ist das Glas dann leer – ist der Kopf so schwer…
Kein Biwak im Irak / Fuck BB!
Liebe Grüsse aus dem Rimini am Alpenrand
MC Anliker
Master of Therapy
Master of Springsnow
Master of Hate the Denner Post Everyday