COPY-PASTE ODER WIE MAN SICH AUCH BEIM SCHREIBEN SCHONEN KANN… EIN TEXT-REMIX ZUM FRÜHLINGSMONAT APRIL 2011… AUS DEM ARCHIV VON MC ANLIKER
Nach einem geschäftlich sackschwachen Monat März mit all den Frusts, die beim Ertragen der Lage entstehen, nach Monaten ohne eine kleinste Reaktion auf die geschriebenen Texte oder auf den Inhalt unserer Website und Statements wie: „Hey MC du muesch dä Lade dicht mache, Mogga isch verbii…“
von Menschen die seit 2 Jahren nicht mehr bei uns waren, habe ich heute Morgen beschlossen, auch die Textgeschichte runter zu fahren. Ich bin im Moment <am Zügle> meiner nicht ganz kleinen Wohnung und sehe fast nicht mehr über den Berg von Kitsch, Kunst und Comic-Figuren… meine Wohnung ist sowas wie die Urzelle von CAFE BAR MOKKA nur viel dichter, wenn ihr wisst was ich meine… Ich muss also ein wenig egoistischer sein, meine Kräfte einteilen und das Zeitmanagement hochfahren. Wenn der Club, wie es im Moment aussieht, im 25. Jahr seines bestehens ein Auslaufmodell geworden ist, kann ich das Heute und Morgen auch nicht ändern. Unter meiner Leitung kann es aber keine stärkeren Anbiederungen an den Mainstream geben, keinen <Gratis Eintritt> am Wochenende, weil dies sowieso der anfang des Endes ist. Die Lage ist ernst, die Finanzdecke dünn geworden… aber nicht nur hier, viele kleine Clubs in ganz Europa sind am Anschlag und working poor ist eine gute Devination unserer Situation, denn es ist schon längere Zeit kein Fleisch mehr am Knochen, wie man so schön sagen kann. Also, ich habe heute vor, aus alten Texten einen Remix zu machen… Copy-Paste, aber alles garantiert aus meiner <Feder>. Mal sehen… es wurde ja schon sehr viel geschrieben über die Jahre…
„Hey, tschou wo bisch itz grad? Ig, ig bi itz grad im Mogga u äs schpiut ä Bänd. He, i verschtah di schlächt…“ Handy macht’s möglich! Nun, blöde Menschen hat es in allen Evolutionsstufen gegeben…zu denken gibt mir diese Situation gleichwohl, denn im Moment läuft auf dem Kommunikationsmarkt weltweit eine gnadenlose Entwicklung in einem Tempo das selbst unkritische Fortschrittsgläubige zwischendurch in Erstaunen versetzt. Letzte Woche wurde im Mokkakeller das Publiphon von zwei Swisscom Monteuren demontiert und auf die Halde gefahren. Über 20 Jahre war im Haus Allmendstrasse 14 eine solche Münzstation in Betrieb, über CHF 1000.- jährlich war nur schon die Miete des Apparates. Vorbei sind nun also die Zeiten wo Mann/Frau noch mit 20 Rappenstücken in der Hand, der Mutter Zuhause ein Märchen erzählten, warum es nicht möglich ist um 01.00 Uhr Zuhause zu sein. Noch vor 4-5 Jahren wurde von diesem Telefon aus in die halbe Welt telefoniert, unsere internationalen Gäste benutzten einen Discobesuch im Mokka um gleich noch zu Hause anzurufen. Sri Lanka, Ghana, Lyberia, Indien, Bosnien, Kosovo usw. hiessen die Destinationen die hinten auf der Telefonrechnung fein säuberlich aufgelistet waren… aktuelle Geschichte ist interessant!. Seit Monaten war das Telefon zeitweise tot und seit zwei Monaten ganz abgestellt…… In dieser Zeit meldeten sich ca. sechs Personen bei uns….. Der Rest hat sich mit einem Handyhalter befreundet oder selber ein Spielzeug gekauft, das heisst, sich eines schenken lassen. Und somit ist wieder eine Geschichtsepoche abgehakt. Fertig, furt! (Wort Juni 2000)
Wer den Eingangsbereich überschritten hat, der kommt aus dem Staunen kaum mehr heraus… Dieses Haus ist ein kleines Weltwunder! Vom Garten, wo im Sommer beim legendären <MOKKA SUMMERDANCE Vol.1 + Vol. 2> DJ’s bis halb vier Uhr morgens spielen, als währe dieses Haus an der spanischen Mittelmeerküste, kommt man in einen Eingangsbereich wo das Licht schöner ist als im <Cirque de Solei> Zelt. Wer offenen Augens und offenen Geistes diese Insel betritt wird sich bald auf einem falschen Planeten wähnen und fragt sich warum er dieses Haus erst jetzt entdeckt hat und wie lange es dieses Haus wohl schon gibt. CAFE BAR MOKKA, Allmendstrasse 14, 3600 Thun, Telefon 033/222 73 91, Fax 033/ 223 39 00, E-mail: sucks@mokka.ch und Website: WWW.MOKKA.CH ist ein seit 1986 erfolgreich bestehendes Kultur- und Begegnungszentrum das sich vor allem durch die Förderung junger Künstler/innen und durch sein, konsequent durchgezogenes, Programm und als <open minded House> einen Kultstatus erarbeitet hat. Werbewirksame Slogans wie: Fuck this Town…, Musik ist Scheisse…. und: Livemusik ist laut, unattraktiv und wirtschaftlich schon lange nicht mehr tragbar… haben dem Club den Rest an Berühmtheit gegeben und so kennt doch heute die ganze Musikwelt und die halbe Schweiz diesen Club mit der weltweit schönsten Künstler- garderobe…. Neben der filigranen, in die kleinsten Detail gehende Inneneinrichtung, ist auch die exotische Mischung des Personals augenfällig und was angenehm auffällt ist ihre Freundlichkeit und die Offenheit mit der sie ihre Gäste bedienen. CAFE BAR MOKKA ist seit 1986 eine Insel, ein eigenes Gesellschaftssystem und vor allem ein eigenständiger Planet. Auf der Clubbühne spielen jährlich ca.
150 Acts, im Garten und in der Disco legen ca. 680 DJ’s ihre Vinyls und CD’s auf…. Seit gut 10 Jahren ist Mokka eine Adresse für moderne Dancefloorkultur und viele Cracks haben in ihren Anfängen in der Mokka Kellersauna aufgelegt. Weißt du noch… der Rony Size, die Mojo Club Chefs, der Hullkonen, der Trüby, Nelson Dilation, die Soul Jazz Label Gründer aus London, DJ Ruf, Laurent Garnier und weitere Plattenspieler Chef’s und leider immer noch zu wenig Chefinnen….. Aber immer auch die Gammas aus Interlaken, der Stefano Marrone, der Dänu Schärz, der Wenger Urs aus Thun, die alten Hip Hop Veteranen Erik und sein Kumpel Jeff und immer auch Oli Hofer, der als langjähriger Booker und Transmitter die Hauptschuld an der Installation dieser legendären Dancefloor Kultur trägt. Cafe Bar Mokka ist und bleibt in Bewegung…immer stark im Wind und gegerbt von so manchem Sturm… einem Ozeandampfer gleich zieht dieses alte Schlachtschiff eine gerade Linie durch die wilden Wellen der schnelllebigen Vergnügungsmeere, immer daran denkend, das der Weg das Ziel ist und sein muss…. Wer so einen langen Weg auf sich nimmt, muss ein grosses Ziel haben!!!!
(Mai 2001, geschrieben für die Presse)
Beim Arbeiten in der Stadtmitte lernt man viel über das Befinden unserer Gesellschaft, sieht Sachen genauer als beim Vorbeifahren und kommt automatisch mit Menschen in Kontakt, mit denen man Draussen, 300 Meter ausserhalb der Stadtmitte, kaum je zu tun hat. Das Festival AM SCHLUSS ist für CAFE BAR MOKKA eine gute Plattform um unser Kulturverständnis einem breiten Publikum präsentieren zu können und der Erfolg des Anlasses, die vielen positiven Rückmeldungen der Konzertbesucher/innen gibt mir jeweils auch wieder einen Adrenalinkick für die Arbeit im Club. Alle kennen CAFE BAR MOKKA und trotzdem haben wir, gemessen an früheren Jahren, immer noch sehr wenig Kunden, unsere Geschäftszahlen wurden diesen Sommer trotz dem schönen Garten nicht wirklich besser und ich finde mich mittlerweile auch damit ab, dass die Durststrecke noch länger anhalten könnte, weil die Innenstadt als Gesamtes eine grosse Event-Location geworden ist, wo die Party schon Nachmittags beginnt und Alkohol als Hauptprogrammpunkt genügt. Gesoffen wird in dieser kleinen Stadt mittlerweile als ob es um die letzten Tage gehen würde und wir sehr bald die Prohibition verordnet erhalten würden… Vergnügen als Lebensinhalt, kann zwar auf die Dauer nicht funktionieren, wird aber im Moment als oberstes Gut angeschaut, gefördert und gehätschelt von der Wirtschaft und alle schauen weg, obwohl wir genau wissen, dass wir die Auswirkungen dieser Entwicklung in ein paar Jahren teuer bezahlen werden. Eigentlich sollten wir jetzt Aktien der Sozialdienste kaufen, weil die in ein paar Jahren zu den angesagten Wirtschaftszweigen gehören werden, mit Wachstumsraten wie bei der UBS. (Aus einer Kolumne im Thuner Tagblatt, Juli 2010)
AUCH IN THUN SENDET RADIO BEROMÜNSTER NICHT MEHR ZUM SENDESCHLUSS UM MITTERNACHT DIE NATIONALHYMNE… WENN WIR MIT KULTUR UNSERE STADT VERMARKTEN UND IN DER GEGENWART POSITIONIEREN WOLLEN, BRAUCHEN WIR TOLERANZ UND NICHT BLOSSE LIPPENBEKENNTNISSE, DEN KULTURSCHAFFENDEN GEGENÜBER. REKLAMIERT IST SCHNELLER ALS KREIERT UND DURCHGEFÜHRT. MUSIK IST MEHR ALS NUR LÄRM… UND STELL DIR VOR, DIE TRIBÜNE IST VOLL ABER DAS ENSEMBLE IST IM BÜRO AM PAPIERKRAM ERLEDIGEN.
(Sommer 2006 als Statement für die Seespiele Thun)
Nun liebe Leute, so geht es viel schneller und schonender.. schade ist nur, dass ich die Texte vor 2000 nicht Digital habe… denn früher habe ich meistens noch gesoffen beim Schreiben oder war sonstwie ausser der Norm und immer gut in Form, in der Zeit wo wir noch vom Publikum überrannt wurden und die Kassen regelmässig überflutet waren, Clubs noch gesellschaftliche Keimzellen waren, Dj`s, Musiker und Lieferanten auch als Gäste auftauchten und es zwischendurch noch Fragen an uns gab…
Heute ist alles sehr selbstverständlich geworden und nur noch der vermeindliche Schlagrahm interessiert, wobei das Abschlecken des Schlagrahms passiert, ohne ein Bewusstsein für das was hinter und unter dem geschlagenen Rahm steckt oder wie Rahm geschlagen werden muss.
Manchmal wird aber Schlagrahm nicht einmal mehr erkannt und die ganze Arbeit in der Küche bleibt ungenutzt, das kennen wir mittlerweile bestens und darüber könnte fast ein Kochbuch geschrieben werden… Der April 2011 bietet doch wieder Chancen, das Ganze positiver erleben zu dürfen, das Programm steht und ist nicht von schlechten Eltern…
Euch allen wünsche ich einen schönen Frühling und viel Spass beim Dessert.
Euer MC ANLIKER Küchenchef CAFE BAR MOKKA THUN