DIE FLASCHEN WERDEN LEER GETRUNKEN MIT ODER OHNE STROM…. DER MYTHOS ROCK`N` ROLL ALS FAKE… UND WOODSTOCK WAR SCHEISSE !!!! GESCHICHTLICHES ZUM JAHRESBEGINN UND ALTBEWÄHRTES FÜR DAS 2010…..
Ohne Strom geht nichts in der Branche… jedes kleinste Scheissteil ist am Netz angehängt, heute noch mehr als vor 25 Jahren. Darum wurden <damals> auch immer <die Bullen> hinter den Bühnen platziert, als Vertreter des Staates, als Garanten für Ruhe und Ordnung, als einzige Schnittstelle zwischen den Subkulturen, die damals als kleine Setzlinge noch sehr zart waren, und dem Staat…. Ihre Aufgabe war, die Errungenschaften des Rütlischwures und der Landesausstellung 1946 für alle Ewigkeiten zu konservieren. Falls die Chaoten die vom Staat grosszügig gewährte <Veranstaltungsbewilligung für Freiluftveranstaltungen im öffentlichen Raum> (19`30-21`45 Uhr) nicht einhalten, sollten die Sheriffs einfach um 21`46 Uhr den Stecker auszuziehen und <der Anarchie> ein Ende setzen. Uns Veranstaltern gab aber die Problematik um die Stromversorgung nicht selten gute Trümpfe in die Hand… Beim ersten Festival das CAFE MOKKA in Thun mit richtig verstärkter Musik und fetter Gastronomie veranstaltete, (BAR MOKKA WAISENHAUS, 1984-1994, jeweils im Spätsommer während 3 Wochen in der damals noch zugeparkten Innenstadt) war in der Bewilligung ausdrücklich erklärt, dass wir <keinen Zutritt> zum öffentlichen Gebäude, an dessen Fassade unsere Gastronomie angedockt war, haben….. Der Strom kam aber aus dem Gebäude, Stromversorgungen haben bekanntlich Sicherungen und die fallen schnell einmal aus und fertig lustig ist es dann mit so einem Festival. So kamen wir dann doch zu unseren Hausschlüsseln und konnten Ware lagern, leere Räume als Garderobe brauchen und hatten Künstlertoiletten, super, sauber chic und illegal, perfekt! In der gleichen Epoche, war die Stromversorgung im Club alles andere als wirklich für Livemusik geschaffen…… so kam es immer wieder zu sehr bizarren Szenen an Konzerten…….
Bei Stromausfällen musste ich mich jeweils im Finstern, 2 Stöcke, durch das perfekte Ghetto aus gelagerten Möbeln, Restaurationsmaterialien und weis nicht was allem hoch kämpfen und die glühenden Riesensicherungen mit dem ausgezogenen, meist nass geschwitzten T-Shirt in der Hand herausschrauben und neue Sicherungen einschrauben. Der Lohn dieser Arbeit war der Riesen-Applaus, der dann jeweils von unten her in mein Ohr drang, wenn die Lichter wieder angingen und die Stromgitarren wieder röhrten und jaulten… Verbrennungen waren dabei nicht selten. Nach einem massiven Umbau 1990 gab es eine fette Stromversorgung und für die nächsten paar Jahre Ruhe an der Stromfront. Eigentlich schade, den das Intermezzo mit den verbrannten Sicherungen und den dadurch entstandenen Sendepausen im Dunkeln hat den einen oder anderen <Rockstar> als Schlaftablette und Nullnummer entlarft und ihn sehr alt aussehen lassen… Alt haben wir in den wilden 80ziger sehr viel ausgesehen, alles war irgendwie noch so neu und ungewohnt, viel guten Willen, aber kaum ein Fachwissen und Infrastrukturen mit denen man früher Lismi- oder Hodenbadegruppen beherbergt hat…. Alle waren wir <Freiwillige>, sprich gratis arbeitende Leute, die sich den Lohn flüssig einholten und dementsprechend war dann auch die Leistung. Kritik durfte keine geäussert werden, da die Leute ja gratis arbeiteten und Drogenverbote lagen eh nicht drin, denn der Übermyhtos war gross und allmächtig: SEX, DRUGS + ROCK` N`ROLL, und dem musste man ja gerecht werden. Mit gewissen Künstlern haben wir die erste von 3-4 JACK DANIELS oder VIER ROSEN Flasche schon am Nachmittag aufgemacht…… mit teilweise verheerenden Folgen für… uns!! Amateure, wie wir alle waren, standen wir dann schon mal, ziemlich betrunken um einen Stromkasten und probierten ohne Stromadapter die Verstärker der deutschen Band doch noch an das Schweizer Stromnetz an zu schliessen…. mit gutem Willen und halb isolierten Schraubenzieher und viel Glück…!!!! Wenn es gelang, musste ein grosser Schluck aus der Daniels Fasche daran glauben, als Belohnung!
Die Sonderheit der Strominsel Schweiz hat im übrigen schon für sehr viel Stress gesorgt und der Kampf um Stromadapter ist zu vergleichen mit dem ewigen, weltweit mit der gleicher Härte geführten Kampf um Gaffatape, das Klebeband, ohne das es keinen Rock`n`Roll, keinen Papstbesuch, keine Königliche Hochzeit und aber auch keinen Krieg geben würde….. Es gibt sehr viele Tricks, wie man Gaffatape gewinnt und eine der ersten Order an einen, bei uns neu anfangenden <Tönler> ist: kein Gaffatape rumliegen lassen! Durch die euphorische Handhabung des Rock`n`Rolls gab es viele Situationen, bei denen eigentlich niemand mehr genau wusste, was Sache ist. Bei der ersten Show mit WEEN standen wir zu dritt, dermassen stoned auf der Bühne und die beiden Musiker fanden die Kabel zum einstecken ihrer Stromgitarren nicht mehr, der eine hatte sein Plektrum in der Garderobe vergessen… und so weiter… So kam es dann zu der entscheidenden Frage, die noch mehrmals an diesem Abend an das Publikum gerichtete wurde: It`s Somebody here, they understand whats going on…???? Weiter schlimm war das aber nicht, es waren ja auch nur 5 oder 7 Zuschauer da. (Ich brauche bewusst die männliche form für Musiker und Zuschauer, weil auf der Bühne in etwa 97,6% Männer stehen und bei den <Indieshows > der frühen 90zigern meist auch nur Männer im Publikum waren… SPEX sei dank..!) Geld war damals noch nicht so wichtig und Clubs waren einfach bei Veranstaltungen geöffnet, die Strukturen waren Basisdemokratisch, damit sitzungsintensiv und das war jedes Mal ein guter Anlass, sich <die Lampe zu füllen>. Wie heisst es doch so schön: KULTUR IST EIN DÜNNER LACK, DER DURCH ALKOHOL LEICHT AUFGELÖST WIRD…!!!!
Bei angesagten Shows mit BABY JAIL, RAMS, DER BÖSE BUBE EUGEN, BÜCHSENBEERS, PHON ROLL, ZÜRI WEST und wie sie alle hiessen, standen die Besucher/innen schon um 19`30 vor dem Haus, das um 20 Uhr öffnete. Die Konzerte fingen um 21 Uhr an und um 23`30 Uhr am Freitag und um 00`30 Uhr am Samstag war Feierabend und die Leute mussten aus dem Haus geprügelt werden….. Alkohol wurde illegal verkauft und Toiletten gab es 2 für 200 Personen… Die Künstler übernachteten in der Reformierten Heimstätte Gwatt, direkt am Thunersee (Beat sag mal, sind wir wieder in diesem Christlichen Asyl am See untergebracht..??? (O-Ton Sven Regener, Element of Crime ) oder privat bei mir Zuhause, was dann immer zu Beziehungsproblemen führte. Ich selber habe den Rock`n`Roll ziemlich intensiv gelebt, mitsamt dem ganzen Mythos…. erst nach ein paar Jahren merkte ich, dass die <wilden> Rockenroller immer nur ein paar Tage, wenn es hoch kam, ein paar Wochen, wild taten, um den anderen Teil ihres Daseins sehr viel gemächlicher, gesünder und sozialer zu leben. Ich musste dann spätestens Mitte der neunziger wegen Magenproblemen mit Trinken aufhören und dann auch gleich eine umfassenste Zahnsanierung im Wert von 3 Stromgitarren mit Edelverstärkern über mich ergehen lassen.
Heute sind wir nüchterne Geschäftleute, Kulturmanager und vor allem Arbeitgeber, die monatlich 40-50`000.- Chf an Löhnen auszahlen und 12-16 Bands mit Alkohol, Essen, Technik und Gagen versorgen, zudem noch 30 Dj`s auftreten lassen . The Show must go on….!!! Aber keine Angst, es gibt sie immer noch, die Enthusiastischen, die Phantasten, die Ignoranten, die immer noch an die grosse Karriere als Musiker glauben und ihre Umwelt ungefragt mit ihrem Übungsraum-Schrott beliefern und schon von einer Amerikatour träumen… hey, weisch wi geil…z`Memphis schpile….!!! Konzerte unbekannter Bands aus der Schweiz und dem Rest der Welt werden aber genau von diesen Leuten nie besucht… wenn sie an Konzerte gehen, gehen sie zu JOE COCKER ins Letzigrund oder in das Joggeli, besuchen das Blue Balls Festival im KKL Luzern ( hey, geili Rock`n`Roll Location) oder wechseln in Montreux hunderte von franken in <Jazzy>, der perversen Festival-Währung des Jazz Festivals Montreux. Die Musikjournalisten machen es ihnen vor, mit dem Resultat, dass wir jedes Jahr in allen Zeitungen lesen können wie Yuppiehaft es nun in Montreux wirklich ist und das der IGGY POP schon ein wenig widersprüchlich sei mit seinem Punkrock und einem Eintrittspreis von 110.- Chf… Mit diesen Meldungen ist aber der Rock`n`Roll Platz in den Medien schon verbraucht und so fragt Mann/Frau sich, wie neue Musik überhaupt noch zu den Leuten kommt.
Für mich ist schon lange klar: Niemand ist eigentlich wirklich interessiert an der Zukunft der Livemusik. In den Clubs treten die von den letzten Untergrundmedien gehypten Nachwuchsbands immer noch, immer wieder und vor allem immer mehr vor 5 -13 übersättigten Musikfreunden/innen auf und müssen automatisch auf Zweckoptimismus machen (…ja, es war doch noch gut voll am Ende….) und saufen sich dann regelmässig auf den Mond, quasi als Belohnung und weil es doch so geil ist Musiker zu sein, bei Profis ist Saufen meist auch der Ersatz für richtiges Einkommen. Es gibt heute Proficombos, die mit 9 Leuten und 700 km Autofahrt, mit einem Mietbus, für 250.-€ Gage Konzerte geben…..(rechne…!!!) Aber selbst diese Deals sind für uns zwischendurch noch ruinös, müssen doch die Shows beworben werden, der Staat will <Suisa> Abgaben und Ausländersteuer, die Musiker müssen ins Hotel, wollen Essen und vor allem Trinken….. (Drugs+Rock`n`Roll), brauchen Technik und Strom für ihre Gitarren.
Die Zukunft wird nicht rosiger. Gewöhnt vom heute gängigen Sounddesign, das die meisten zu hause haben, von dem Sound des I-Pod, sind die Leute, wenn sie dann in einem Club ein richtiges Schlagzeug hören und eine echte Stromgitarre jault, ziemlich überfordert, schnell ist es ihnen zu laut, zu intensiv..!!! Wir brauchen in unserem Club zunehmend Ohrenschütze, was ein ganz klares Zeichen dieser Entwicklung ist. Wenn die Jugend von heute Klingeltöne mit Livemusik verwechselt und zuhause auf ihren, für Carcrash und Weltuntergangs Soundtracks designten, Plastic Surround Systems Musik hört ,in Mp3 Qualität, hat das weniger mit Rock und Revolte zu tun, als einst ein Peter Maffay Konzert. Selbst bei Konzerten von <Supergroups> sind die Leute mit dem Rücken zur Bühne an den Handy-Displays am Rumdrücken wie blöde und beim <Hit> heben alle das Handy in die Höhe und lassen den/die Kumpel/s mithören oder machen diese <Ultraschall Bilder> der Stars… die dann auch wie ein Embryo aussehen. Hip Hop ist im Moment <das Ding>, das sich verkaufen lässt, wenn es <der Richtige> ist und die Texte sich vor allem um Dope und Bitches drehen, in jedem zweiten Text gegen Schwule gehetzt wird und die Rapper die richtigen Kleider anhaben. Hip Hop aus Senegal, Spanien oder der Rap mit intelligenten Texten bleibt unverkäuflich. Aus dem Streben nach Individualität ist heute eine uniformierte Jugend entstanden, deren Interesse sich vorwiegend auf Aussehen und Drogenversorgung fokussiert…..
Rock als Revolte… das war immer schon Fake. WOODSTOCK WAR SCHEISSE, das sagte auch RICHIE HAVENS, der vor Jahren einmal bei uns eine Messe zelebrierte und der damals dieses ,als MUTTER ALLER OPEN AIR FESTIVALS geltende, Super Chaos Event eröffnete, voll auf Heroin und weil keine anderen Künstler Woodstock rechtzeitig erreicht hatten, seine Songs auf 30 Minuten ausdehnen musste… Freedom ..Freedom….Freedom… der Rest ist Legende!!! Für die meisten Kulturtäter meiner Generation, die mit der Kellertheater Bewegung der ganz frühen 70ziger, mit der Anti-AKW Bewegung, der Folkszene, der 80ziger Bewegung und mit viel SEX, DRUGS + ROCK`N`ROLL sozialisiert worden sind, gilt definitiv und unwiderruflich: WIR KÄMPFTEN GEGEN DAS PACKEIS UND ERTRANKEN IM SOFTEIS. MC ANLIKER September 2005
Dieser Text ist 4 Jahre alt, aber schon so etwas von veraltet und überholt.. Facebook, Myspace, Youtube und alle diese Tools, die geschaffen wurden, das der Mensch süchtig auf sie wird, waren im 2005 noch in den Kinderschuhen, die Compis waren noch deutlich leistungsschwächer, teurer und noch nicht so tragbar wie heute. Das Ausgehverhalten, das Musikkonsumverhalten und auch die Drogengewohnheiten sind 4 Jahre später wieder ziemlich anders… Die Gesellschaft im Wandel… nicht wirklich zum Besseren, aber zum Schnelleren. Wir als Musikmuseum Mokka werden aber auch 2010 mit Wasser kochen, SMS Ticket Gewinnspiele werdet ihr bei und vergebens suchen, eher investieren wir die letzten 10`000.- Fr in eine Handy Störsender Anlage… Versprochen.!!!! Dafür haben wir weiterhin eine grosse Bandbreite an Musik in unserem Programm, werden an unseren filigranen Dekorationen festhalten, auch wenn wir im Moment wirtschaftlich eher zu den Verlierern der Thuner Vergnügungsscene gehören. Man kann sich nicht immer neu erfinden, schon gar nicht, wenn man ein gutes Produkt am Start hat…
Es ist ein wenig wie bei den Tante Emma Läden… die gibt es seit man sich besinnen kann… früher hat man ab und an etwas kleines dort gekauft und findet es sehr gut, dass es so Läden noch gibt…
Wenn so ein Laden dann schliesst, finden es alle Huereschad, das dä Lade het zuetah… Das aber so Läden nur Überleben können, wenn sie auch wirklich frequentiert werden ist den Leuten nicht klar. So kommt es mir manchmal mit unserem Club vor… Wenn ich an die tausende von Frauen und Männern denke, die wir hier sozialisiert haben, deren jugendliche Blödheit wir ertragen haben, alle diese Menschen, die sich hier gefunden und gepaart haben in den 23 Jahren… Die könnten doch auch manchmal ein Bier trinken oder ein Konzert besuchen, bei uns. Im Sommer z.B. haben wir einen der schönsten Biergärten dieser Stadt und fast immer bis 22:00 Uhr gähnend leer… da könnte man sogar mit dem Grosi vorbeikommen… aber man muss sich das eben bewusst sein. Wir Überleben nur wenn wir unsere Geschichte in die heutige Zeit transportieren können und daraus auch die Zukunft gestalten können. Das ist für mich als Macher kein Problem, da meine Arbeit mich sowieso immer zum Vorwärts Schauen zwingt.
ALSO FOLKS.. AUF EIN SCHÖNES 2010 HEBE ICH DAS LEERE GLAS…
LIEBE GRÜSSE MC ANLIKER MONSTER OF CEREMONIES CAFE BAR MOKKA THUN