Februar 2003

Der Januar war wiedermal superklar… Der Mut zum Wiederstand… Outdoorkiffen bei minus 10 Grad als Schulsport und Kriminalität vor Eurer Haustüre…

Worte für Februar 2003

Am Anfang ist, wie immer, ein leeres Blatt Papier… Im Kopf kreisen die möglichen Themen, all das erlebte der letzten Wochen das man nun runterschreiben könnte… Nur, ist das erlebte auch Stoff genug für Geschichten…?? Kein Weihnachtsurlaub in der Karibik, keine gewonnene Million, kein neues Auto und immer noch Single… Und, die ganzen Wochen „nur“ gearbeitet, an dieser Miniaturgesellschaftszelle namens Café/Bar Mokka, also nicht wirklich aufregend! Über die vielen Begegnungen mit den 130 Künstler, die wir im Dezember und Januar beherbergt, supportet und produziert haben, könnte ich wohl die einte oder andere Episode schreiben, aber ob dies jemand interessiert?? Sind ja die Leute und auch spezifisch ihr Leser/innen dieser Zeilen nicht in Massen zu diesen Konzerten geströmt und auch die, die an unsere Anlässe kommen, kümmern sich doch auch eher darum, dass bei dieser und jener Veranstaltung keine Sitzplätze wie Sofas, Massageliegen und Chill Out Matratzen mit Fussmassagen und „flötelnden Engelein“ vorhanden sind… «Hättet Dir itz nid chönne äs paar Sofas da häre tue…??» Originalton einer Besucherin des Konzertes von Stiller Has im Saal des Hotel Freienhofes…!!!!! (Dong, dong)

Doch eher motivierend ein anderer Kommentar… Am Mokka Silvester wollten wir um 07.45, nach 10 Stunden Party und 20 Stunden Arbeit, Feierabend machen, da meldete sich doch noch ein sehr junger Besucher zu Wort «Was, weit Dir schon zue tue…???» und verklebte seelenruhig seine 25zigste konische Tüte… Der Ton macht eben immer die Musik, das ist eine alte aber sehr wahre Weisheit!!

Die Mokka Silvesterparty war ein sehr angenehmer Anlass, viele Leute, keine Aggressionen, auch keine kotzenden Gäste… so muss es sein!! Aber das ist, zugegebenermassen, Schnee von gestern und da heute (28. Januar 2003) Neuschnee gefallen ist, sowieso ziemlich unangebracht… A Propos Winter 03: Am Samstag, 25. Januar 2003 sassen am Aareqaui schon die ersten Thuner Sommer-Chiller (MC Anliker’s erklärte Lieblingsspezies) an der sehr mageren Sonne und machten einen auf Grossstadt… Im Mokka Garten können jetzt, dank der Technologie einiger multinationaler Chemiekonzerne, die Kids in ihren, von den Eltern gesponserten, Snöber und Surviver-Jacken, die zwischen 260.- und 600.- Franken kosten, ihre Joints auch bei Minus-Temperaturen „Outdoor“ rauchen… Das Gras kommt natürlich aus „Indoor“ Produktion. (Einheimisches Indoor…!! Das ist ein kleiner positiver Aspekt der explodierenden Hanfscene Schweiz…)

So vermischen sich die Jahreszeiten vollständig und so erstaunt es mich dann auch nicht mehr allzu sehr, wenn mir so ein hyper Schnösel im August erzählt, wie geil es heute beim Snöben war… Für Gastgewerbebetriebe wird der anzubietende  und erwartete Full-Service langsam aber sicher zu einem Klotz am Bein, zuviel Aufwand für zuwenig Ertrag, gepaart mit grundsätzlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten macht das Wirten und vor allem das Wirten für junge Leute heute zu einer unbefriedigenden Tätigkeit. Der heutige Konsument wird sowas von verwöhnt und gewöhnt sich sehr schnell daran, dass man das und dies und das andere einfach so zur Verfügung hat. Mit der zunehmenden Verblödung unserer Gesellschaft, sinkt das Wissen über alltägliche Sachen, Hintergrundwissen wird immer kleiner und so wächst auch die Bezugslosigkeit zu vielen Sachen mit denen tagtäglich umgegangen wird, und letztendlich sinkt damit auch der Respekt oder <Respect> um in politisch korrekter Teeniesprache zu sprechen, gegenüber unserer Umgebung und vor allem gegenüber dem öffentlichen Raum und dort gehört Café/Bar Mokka auch dazu. Die Jugend hat dank ihrer Position als Konsumentenschicht Nr. 1, die ihr die Wirtschaft zugeschanzt hat, eine Macht und pseudo Freiheit, mit der sie nie wird umgehen können… Kaum jemand mehr da, der diese Bedröhnten Horden von Handy und Hanfjunkies noch in die Schranken weist…

Alle haben Angst davor mal irgendetwas Kritisches dazu zu sagen oder ganz einfach einmal etwas entgegen zu halten… Nur, diese Kids sind noch genau so Kids wie wir früher mit 17, nur dass sie heute alle so cool tun… und vor allem tun müssen… Als ich im Dezember an einem Freitagabend in Zürich bei Aeschbacher in der Sendung war, zog ich mit meiner langjährigen Vertrauten und Sekretärin Frau Jenni durch die Nacht und wir tanzten in einem Technoclub ab, bis ich um 6 Uhr auf den Zug nach Bern musste, weil um 10 Uhr das „Get In“ für die Installationen im Kunstmuseum und im Hotel Beau-Rivage, für das Kunstfest, war… also um 6 Uhr im IC nach Thun… 2 Snöber, Homie – Techno Kidis kommen in mein Abteil, Zack, bäng, bumm… die Boards sind verladen, 5 Minuten später brennt der erste Joint und bis Bern sind es, neben zig Sigis und ein paar Red Bulls, etwa 5 abgebrannte Tüten samt Samen und Säckli’s (dem Duft nach…) Der Wagen stinkt erbärmlich, zum Glück hält er bis Bern nicht… Aber in Bern, es ist nun 7.15 Uhr, steigen dann noch etwa 30 Snöber ein! Zack, päng, bumm, scratch und auch diese Bretter sind irgendwie verstaut… und was dann kommt, ist wohl allen klar…

Ich war igendwie schon ein wenig konsterniert… für mich war Wintersport auch immer so etwas wie Sport… Aber ich muss dazu sagen, dass ich wohl vor 10 Jahren das letzte Mal im Winter in den Bergen war und als ich auf Telebärn einen Bericht über den modernen Skifan sah, war mir alles klar. Dort sah man dann die Eltern dieser Snöberkidis mit dem Weissweinglas, ziemlich angetrunken, etwas in das Mikrofon lallen… Alle gut drauf, und niemand auch nur das kleinste Drogenproblem… Alles fahrt ih, alles fahrt ih…!!!

Das Jahr 2003 hat mit der Silvesternacht und dem wunderschönen Konzert von Timmermahn und Los Hobos eigentlich sehr vielversprechend angefangen… Alles palletti habe ich gedacht. Ein cooles Jahr voller  Leben mit wundersamen und interessanten Menschen mit Begegnungen, die voll in den Bauch gehen, mit Höhenflügen und Abstürzen, aber immer mit Glück und Erfüllung, so wie Mann / Frau sich das wünscht eben!! (Quasi menschlich…) Dann wurde ich am Sonntag, 12. Januar von 3 Idioten um 12 Uhr nachts, zusammengeschlagen, dabei wurde meine Tasche geklaut und darin waren sehr persönliche Sachen, wie Portemonnaie, Digicam, Parfüm, Adressen und noch viele kleine Sachen wie ein <Homer Simpson> Badge, den man nicht mehr kaufen kann und zudem noch Fr. 7’000.- vom Club… So eine verdammte Frechheit! Und das an einem Sonntag Abend, wo der Club etwa so gut besucht ist, wie eine Predigt der Evangelischen Kirche… Wenn ihr wisst was ich meine…

Für uns stellt sich schon lange die Frage nach der „Abschaffung“ des Sonntages, weil die Kosten für 2 Angestellte und der / die DJ’s kaum mehr mit dem mageren Umsatz zu zahlen sind. Einzig und allein der Gedanke daran, dass wir an einem Sonntag dann auch keine Konzerte mehr machen können, retten diesen Now-Businessabend noch vor dem Untergang. Wir sind ja nicht wirklich Vertreter der <nur was rentiert und sich auszahlt, ist gut – Philosophie>, aber die Motivation zu guter Arbeit ist irgendwann unter solchen Bedingungen sehr schwer aufrecht zu erhalten.

So ein Überfall, bringt dann die ganzen Nachspiele, wie stundenlang bei der Polizei, Papierkram, dann wurden 55 Einzahlungsscheine geklaut, die auch wieder von all den Firmen zurückverlangt werden mussten… Man sucht eine gute Tasche, die es nicht mehr gibt, Bank und EC Karten sperren und Ersatz bestellen, eine neue Digicam hat zufällig auch eine total neue Software… (wer es kennt…!) nur Scheisse! Nur Umtriebe! Und zudem schmerzt Dir noch der Kopf… Dann muss man auch aufpassen, dass man nicht vom Anarchisten zum Rassisten wird, weil, „die Albaner“ gehen mir schon lange auf den Sack, dort beim <Gametown> <am Bahnhof>, alles Nationalisten und Maffiosis… oder…??? Überfallen sollen sie sich doch gegenseitig und Kohle haben sie ja vom Staat… Ich gebe es zu, das sind Scheissgedanken, aber auch verständlich nach einem solchen Akt!

Die Täter sind in der Zwischenzeit verhaftet worden, daran sind wir auch nicht ganz unschuldig, und werden wohl auch nicht mehr so schnell rauskommen… Aber es bleibt die Angst, und das Wissen, das man angreifbar ist und das Leben auch hier nicht mehr ist wie vorher…

Dass wir aber trotzdem weiterhin am Ball bleiben wollen, zeigt das vorliegende Februar 2003 Programm…

Mit all diesen, zugegebenermassen, nicht gerade ermutigenden Worten, will ich nur sagen,

das Leben kann schön sein, man muss es nur leben…!

Einen schönen Wintermonat wünscht Euch Euer:

MC Anliker

Master of a Mad Year Start

Master of Future

CAFE BAR MOKKA

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