ES SIND KALTE ZEITEN AUCH WENN DER FRÜHLING SCHON VOR DER TÜRE STEHT… SIND 24 JAHRE CAFE BAR MOKKA GENUG??? EINE NICHT SEHR AUFBAUENDE SCHREIBE ZUM APRIL 2010
Nach der Schrecklichen und mittlerweile allseits bekannten Nacht vom Freitag 26. Februar 2010, ist bei uns Vieles nicht mehr wie es vorher war. Unsere Geschäfte laufen noch schlechter als sie vorher schon liefen und es wird langsam dramatisch für unseren Betrieb. Der Vorfall gab und gibt immer noch viel zu reden, auch von Leuten die besser die Klappe halten würden, weil sie davon wenig bis gar nicht betroffen sind. Wie es in modernen Zeiten so der Fall ist, gab es auch auf Facebook eine Solidaritäts-Gruppe, die schnell 800 Klickende zählte, alles ehemalige Mokka Konsumentinnen und Konsumenten. Virtuelle Solidarität und gähnende Leere im unterstützten Club… Genau hier wird es pervers und es werden uns die Grenzen eines <sozialen Netzwerkes> aufgezeigt. Es können 800 ehemalige Mokka Konsumentinnen und Konsumenten per Maus- oder Handytastaturklick ihre <Solidarität> mit uns in diesen schweren Zeiten bekunden, das nützt uns, Berndeutsch gesagt: ä füechte Schissdräck… es ist definitiv zu einfach liebe Facebooker, ein Klickchen unter tausenden und schon ist das nächste Tool dran, Solidarität mit Haiti… oder die Gruppe für die Beibehaltung des alten Blick am Abend Designs.
Der entscheidende Punkt für mich ist, das die meisten Menschen ihre Lebensabschnitte und vor allem die der Jugend, so ultimativ abschliessen, dass man meinen könnte es sei eine verdammt schlimme Zeit gewesen, damals als man noch zwischendurch voll neben den Schuhen stand, regelmässig zu viele Stimorolien nahm und immer an die gleichen Nullnummern von Freunden/innen gelangte. Wenn ich daran denke wie viele Menschen ich über die langen Jahre im Club, in ihrer trümmligsten Zeit, ertragen musste, was ich mir dabei alles anhören musste und wie viel wir hinter den Kulissen zu arbeiten hatten um den Freiraum CAFE BAR MOKKA für all diese Kids anbieten zu können, werde ich sehr müde, sehr müde…!!! Warum können 28, 30, 35 Jährige nicht ein- zweimal im Jahr die Stätte ihrer jugendlichen Inspiration besuchen, den Ort wo vieles zum ersten Mal passierte, der Ort der in der Sozialisierung eine wichtige Rolle gespielt hat? Ich denke an die vielen Partnerschaften bei denen wir im Anfang eine wichtige Rolle spielten… warum vergisst man den Anfang? Der Jahrestag des ersten gemeinsamen Saunagangs wird ja auch zelebriert. Warum geht man keine Konzerte mehr im Club anschauen? Das Boxer Bier hat im Fall immer noch einen Bügel und ist noch die gleiche <Bschütti> wie vor 15 Jahren!
Warum sind Cris de Bourgh Konzerte im Hallenstadion für einen Menschen der vor 15 Jahren auf wilden, lauten Punkrock stand, plötzlich cool??? Ich kann es nicht nachvollziehen, zudem wir ja nicht wirklich ein Teenie-Programm anbieten… Ist es Thun, ist es die Allmendstrasse, ist es der soziale Brennpunkt um unser Haus, der einen Besuch bei uns, selbst für die ehemaligen Mokka Fans, unmöglich macht. Die Raucherei kann zumindest seit Juli 2009 nicht mehr als Grund herangezogen werden… Wir sind nun clean aber leider auch leer, zumindest was die Räumlichkeiten und die Kassen angeht. Von einem Klick, um damit die Solidarität mit uns zu bekunden, bis zum Besuch unseres Hauses und damit der wirklich gelebten Unterstützung, sind es Welten. Entschuldigungen wie: keine Zeit mehr zu haben wegen Kinder, Job, Beziehung und so weiter, kann ich auch nicht wirklich ernst nehmen, den wer herausfindet, dass es im Moloch Facebook eine Mokka Unterstützungsgruppe gibt, verbringt doch einige Momente im Netz, sind wir ehrlich. Ich weiss das niemand zu einem Besuch unseres Hauses gezwungen werden kann, aber es ist für mich als Urgestein, der alle Stadien unseres Clubs erlebt und gestaltet hat, knallhart zu sehen, wie ein so stolzes Schiff wie das unsere, plötzlich kaum mehr die Hafengebühren zahlen kann und sich die Reederei ernsthaft Gedanken machen muss, wie lange die Vergnügungsfahrten noch angeboten werden können. Jahrelang waren wir ja der robuste, zuverlässige Ozeandampfer, dessen Weg das Ziel war und der sich nicht von all den Schnellbooten und anderen Warmduscher-Transportgeräten irritieren lies, wir schmierten und pflegten unsere Maschinen und eine interessierte Kundschaft fand das gut so und unterstützte uns mit ihren regelmässigen Besuchen, was uns auch wieder das gute Schmieren unserer Maschinen erlaubte und so weiter und so … So währe letztendliche der harmonische Lauf der Gesellschaft: Geben und Nehmen, ein wenig Treue, ein wenig Solidarität, chli mitdänke u chli Härzbluet, nüt krasses eigentlech.
Es gab in der Geschichte von CAFE BAR MOKKA immer schon ganze Quartale wo Konzert- Besucher/innen von mir mit Handschütteln begrüsst wurden, weil bei Besucher/innen-Zahlen unter 12 Personen die Tradition der persönlichen Begrüssung eine Spezialität unseres Hauses ist, falls ich die Kraft dazu habe. In all den Jahren war aber unsere Gastronomie und die Disco, mit dem bescheidenen Eintritt an Freitagen und Samstagen immer so gut gelaufen, das wir immer auch liquid waren, unsere Zahlungen meistens sehr pünktlich machen konnten und nicht schon bei den monatlichen Lohnzahlung Schweissausbrüche kriegten. Real sind unsere Gastro-Umsätze um fast 60% eingebrochen und der Eintritt in die Disco schwemmt im Moment auch kaum mehr Geld in die Kassen und somit wir unsere Liquidität immer kleiner und der Spiel(t)raum immer kleiner. Fertig lustig und dazu kommt, dass wir auf den Umgang mit diesem Szenario nicht wirklich vorbereitet sind. Was können wir machen? An was liegt es? Wie holt man ein Publikum zurück? Die Fragen werden quälend und zuviel an der Sache herumdenken ist kontraproduktiv und macht unglücklich. Ich z.B. ertrage seit Wochen die zugedröhnten Partypeople immer weniger und wenn sie schreien und irgendwie zum Spass aggressiv tun oder zum Spass <schlegle>, habe ich sofort ein riesen Problem. Es ist ganz klar Tatsache, dass der Mensch immer blöder, aggressiver, unreflektierter und rücksichtloser wird. Unser Job, beim pochen auf Anstand und Respekt gegenüber unserem Personal und unserem Haus, ist heute sehr schnell Gefährlich, vor allem für mich, weil sogar der grösste Einzeller merkt das er eine Persönlichkeit vor sich hat, die eigentlich berechtigterweise interveniert, oder so ähnlich.
Manchmal sitze ich Sonntagmorgen um 5 Uhr in meinem wunderschönen Wohnzimmer auf dem Sofa und versuche mich zu erinnern wie manchmal ich mich in den vorangegangenen 2 bis 3 Nächten beschimpfen lassen musste. <<< du verfiggti, verfiggte schwuli dräck Tunte, dir schnide ni d`Kehle düre, d`Kehle düre Mann.!! >>> Das ist eine normale Ansage eines 20 Jährigen Schweizer Fuzzis mit Balkan-Dialekt, als ich ihn aufforderte mit seiner 1.5 Liter Cola-Wodka-Pet-Flasche abzuziehen… es war Freitagnacht um 1 Uhr… völlig normal… aber sehr krank. Zombies in Realkultur, wie sie jede Freitag- und Samstagnacht in Thun zu Dutzenden auf der Strasse rumhängen, hier aufgewachsen, 9 Jahre in die Schule gegangen und eventuell noch in irgendeinem Arbeitsprozess steckend oder vielleicht auch schon IV- oder Sozialfälle, auf Lebzeiten. Mir kommt manchmal das nackte Grauen, wenn ich mir vorstelle das ich in 20 Jahren als Greis auf ein Amt muss und dort Menschen ausgeliefert sein werde, die eventuell in ihrer Jugend so drauf waren…. Wer jahrelang an der Spielkonsole oder am Pornokanal hängt, 5 Liter Zuckerwasser im Tag trinkt, nur schnelle oder sonst abartige Drogen einwirft, kann nicht plötzlich ein normaler Mensch, mit humanem Gedankengut werden. Wir haben aber auffallend viele abartige Menschen hier in unserer kleinen Stadt am Rande der grossen Alpen und mich dünkt, dass sie sich extrem schnell vermehren… Das sind dann die Aussichten auf die Zukunft unserer Arbeit… Mercischön..!!! Wohl doch eine Umschulung oder im Arbeitseinsatz der Stadt Thun noch 10 Jahre Laub blasen und Wanderwege sanieren..!!!
Sind 24 Jahre CAFE BAR MOKKA genug? Ist das was kommerzielle Läden und Clubs, mit der medialen Unterstützung von den Gratiszeitungen und den sozialen Netzwerken (siehe oben) machen, genau das was diese Zeit braucht? Müssen wir auch so werden wie alle andern schon sind? Es bleibt ja heute in vielen Bereichen unserer Wirtschaftswelt kein Stein mehr auf dem anderen, Traditionen und Errungenschaften gelten so gut wie nichts mehr, alles ist der Optimierung des Kapitals untergeordnet und Sentimentalitäten sind von gestern. Knallhart ist alles geworden und das färbt immer mehr auf unsere Gesellschaft ab. Das <Ich> ist sehr, wichtig geworden und wir sind auf keinem guten Weg mit unserer gesellschaftlichen Entwicklung.
Vorwärts schauen ist da einzige was im Moment wirklich Sinn macht und die Hoffnung darauf, dass der April mit dem vorliegenden Programm besser wird und die Krise irgendwann ausgestanden ist.
Ein fettes Osterprogramm, Musik aus Island und eine der besten Sängerinnen aus Zentralasien…
Alle Infos gibt es auf WWW:MOKKA:CH und im vorliegenden Old School Programmheft…
EINEN SCHÖNEN FRÜHLING WÜNSCHT EUCH UND UNS…:
MC ANLIKER PIRAT UND ROMANTIKER CAFE BAR MOKKA THUN