PHILIPP FANKHAUSER
Zurück in der Heimat und eine wunderschöne Platte am Start. Praktisch ein Showcase für Johnny Copeland.
«Johnny war 1962 Mitte zwanzig und hatte in und um Houston, Texas bereits eine solide Karriere aufgebaut», sagt Philipp Fankhauser, «da brach quasi über Nacht die Soulmusik über die Black Community herein und Künstler wie Solomon Burke, Ben E. King, Otis Redding, Sam Cooke und viele mehr, waren die neuen Stars. Bluesmusiker waren plötzlich nicht mehr angesagt. Man wandte sich von deren Klagen und Jammern ab, wollte neue Musik: Fröhlich, tanzbar, mit positiven Vibes». Da können wir uns auf einen richtig schönen Abend im KKT freuen. Welcome back, old Friend!
LINE-UP: PHILIPP FANKHAUSER: VOCALS, GUITAR | Flo Bauer: GUITAR, VOCALS | HENDRIX ACKLE: PIANO, ORGAN, VOCALS | RICHARD SPOONER: DRUMS, VOCALS | ANDREW TOLMAN: BASS | DANIEL DURRER:SAXOPHONE
Heebie Jeebies – The Early Songs of Johnny Copeland
Von Philipp Fankhauser darf man zu Recht die eine oder andere Überraschung erwarten. Beim letzten Album «Let Life Flow» im Dezember 2019, waren es unter anderem ein Mundartlied von Hanery Amman und eine italienisch gesungene Hommage an den grossen Cantautore Lucio Dalla.
Auf «Heebie Jeebies» stellt er nun dreizehn Songs seines väterlichen Freundes und Mentors, dem Texanischen Sänger und Gitarristen Johnny Copeland vor. Das wäre an sich noch nicht sehr überraschend, denn Copelands Songs waren von je her auf praktisch allen Fankhauser-Alben präsent und begleiten ihn schon sein ganzes Blues-Leben. Jetzt aber geht Philipp weit in die sechziger Jahre zurück, in eine Zeit, wo der Blues vom hippen und modernen Sound des Soul verdrängt wurde. Eine Zeit, in der Philipp 1964 in Thun am Thunersee auf die Welt kam.
«Johnny war 1962 Mitte zwanzig und hatte in und um Houston, Texas bereits eine solide Karriere auf- gebaut», sagt Philipp Fankhauser, «da brach quasi über Nacht die Soulmusik über die Black Community herein und Künstler wie Solomon Burke, Ben E. King, Otis Redding, Sam Cooke und viele mehr, waren die neuen Stars. Bluesmusiker waren plötzlich nicht mehr angesagt. Man wandte sich von deren Klagen und Jammern ab, wollte neue Musik: Fröhlich, tanzbar, mit positiven Vibes».
Glücklicherweise kam Johnny schon in frühester Jugend mit Sängern in Kontakt, die «soulful» sangen. Der viel zu früh verstorbene Crooner Johnny Ace zum Beispiel, aber auch Eddie «Guitar Slim» Jones und natürlich Sam Cooke. Johnny bewunderte sie. Ihre Spuren sind ganz deutlich schon auf Copelands frühesten Aufnahmen in den fünfziger Jahren zu hören. Nun begann Johnny Copeland Soul Songs zu schreiben; kurze, intensive Perlen, ohne lange Intros und meist ohne lange Gitarrensoli. Höchstens zweieinhalb Minuten sollten sie dauern, so die Vorgabe der damaligen Radio-DJs. Sie sollten die Menschen fröhlich stimmen und zum Tanzen bewegen.
Aus der riesigen Menge Songs, die Johnny in der Zeit schrieb, habe ich dreizehn ausgewählt. Nicht alle sind grad nur fröhlich, aber das sind meine liebsten Songs. Und das soulige Gefühl des Blues, oder das bluesige Gefühl des Soul ist auch in ihnen unschwer auszumachen!».
Das Montreux Jazz Festival am 16. Juli 1983 hat Philipp Fankhausers Leben für immer verändert «1983 war ich neunzehn Jahre alt und alles, was mich interessierte, war Bluesmusik und ihre originalen Pioniere. Sieben Jahre zuvor beschenkte mich mein grosser Bruder Christoph mit einer Platte des Pianisten und Sängers Sunnyland Slim. Für mich war schon nach den ersten Klängen klar, dass auch ich Bluessänger werden würde. Von da an wuchs meine Plattensammlung kontinuierlich: Muddy Waters, Elmore James, John Lee Hooker, B.B. King, Big Bill Broonzy, Lightnin’ Hopkins, Clarence «Gatemouth» Brown, um nur einige wenige zu nennen».
Ich wollte, aus heutiger Sicht natürlich komplett unrealistisch, so tönen wie die Originale: B.B. King, Albert Collins und eben Johnny Copeland. Es war aussichtslos und das Einsehen und Akzeptieren sehr schmerzhaft».
Thank You for Everything, Johnny Copeland!
«Durch eine glückliche Fügung sollte ich im Jahr 1993 in der Schweiz ein paar Konzerte buchen, bei welchen Johnny Copeland in meiner Band als Gastmusiker dabei sein würde. Das war für mich die Gelegenheit, ihn näher kennen zu lernen und eine gewisse Nähe und Vertrauen zu ihm aufzubauen. So kam es, dass Johnny mich 1994 einlud, mit ihm und seiner Band ein paar Wochen durch die USA zu touren. Ich kann kaum in Worte fassen, was das mit mir gemacht hat: es haben sich mir komplett neue Perspektiven, ganz neue, erweiterte Sichtweisen und ein komplett neues Verständnis für die Bluesmusik und ihre Erfinder, ihre Pioniere, ermöglicht. Unsäglich wertvoll war diese Zeit und unbezahlbar!
Aus wenigen Wochen wurden acht Jahre. Ich war dabei, als wir Johnny mit gerade mal sechzig Jahren 1997 beerdigen mussten. Mehrere Operationen am offenen Herzen hat er nicht überlebt. Nach seinem Tod habe ich mir ein paar von Johnnys Bühnen-Moves und Grooves «angeeignet», das gebe ich offen zu. Doch den grössten Gewinn dieser acht Wanderjahre, realisierte ich erst nach meiner Rückkehr in die Schweiz im Jahr 2000. Ich wollte nicht mehr ein Original sein und nicht tönen wie eines. Ich fand es plötzlich cool, Emmentaler zu sein und liebte es, mit meinem Publikum Berndeutsch zu reden.
Ich habe schon lange Frieden mit mir geschlossen. Ich bin wer ich bin und ich singe den Blues so wie ich es eben kann und tue. Ich teile die Bühne und das
Studio mit fantastischen Musikern, die nicht die Originale kopieren wollen. Die zwar die Inspiration von ihnen holen, aber nichts nachspielen. Wir tönen, wie wir tönen. Und das ist gut so!»
Album grad aufgenommen, anstatt «nur» geprobt! Wie schon bei vorangegangenen Alben, durften Philipp und sein Team, dank seiner freundschaftlichen Beziehung zum Direktor, im Februar dieses Jahres eine Woche im geschlossenen Hotel Giessbach in Brienz Logis beziehen. Ein wunderbarer Ort, um sich als Band zurückzuziehen und den täglichen Ablenkungen zu entfliehen.
Keine drei Wochen vor Probebeginn, ruft Gitarrist und Produzent Marco Jencarelli bei Philipp an und schlägt vor, diese Proben grad in Studioqualität aufzunehmen. Als Inhaber der Soundfarm Studios, wo Fankhausers Platten seit 2006 entstehen, sei das für ihn verhältnismässig einfach aufzugleisen. Nach wenigen Minuten war man sich einig: wenn schon aufnehmen, dann grad richtig. So, dass man die Aufnahmen für das neue Album gebrauchen können wird.
«Ich liebe es, mit meinen Musikern zu arbeiten – live auf der Bühne oder live im Studio. Es ist nicht jedermanns Sache, einen gewissen Fatalismus mit mir zu teilen. Ohne eine Veränderung der Raumakustik vorzunehmen und auch ohne Abtrennungen, also eher wie an einem Konzert, haben wir unser Instrumentarium im Salon Davinet im Giessbach aufgestellt und nach zwei Tagen Proben, haben wir die 13 Songs zusammen eingespielt. Einen Take, manchmal zwei oder drei. Ein bisschen wie früher!»