Donnerstag 22. Februar 2007

ENDO ANACONDA LIEST AUS SOFAREISEN

MIT ENDO ANACONDA

Eine Lesung

Am liebsten stand er auf dem Balkon seiner alten Wohnung an der Aare und schaute hinunter auf den schönen Dalmaziquai. Und dann nahm das gewohnte Leben auf einmal eine Wende. Jetzt steht er auf einem kleinen Küchenbalkon inmitten von verdorrten Zimmerpflanzen und raucht. Er blickt auf die Strasse und beobachtet die Welt an der Berner Wylereggkreuzung: Wie bei 38º C im Schatten der Teer langsam schmilzt und sich ein Jungpolitiker mit seinem Jeep vor den Mercedes des Stadtpräsidenten schiebt und dann beide im Verkehr stecken bleiben. Wie die Beamten im gegenüberliegenden Bauwrack aus Eternitverschalung Tag für Tag ihre Gummibäume giessen, während ein Securitasmann gerade wieder einmal dabei ist, einen Busszettel unter die Scheibenwischer des geliebten VW Passat zu schieben. Zum Glück gibt es den Taxifahrer Mechmet und die dicke Kioskfrau, bei der Anaconda regelmässig seine Parisiennes holt. Hemmungslos und mit lustvoll sentimentaler Selbstironie beschreibt Endo Anaconda die unendliche Schwierigkeit der menschlichen Existenz – vor allem der eigenen -, ganz egal ob in Salzburg, Berlin, Bern oder im Emmental. Seine Kolumnen sind Milieustudien über das Mittelmass, über denUntergrund der Dienstleister, über Leute, die ihr Schicksal bejammern, sich besaufen und dann vom eigenen Hund in den Hintern gebissen werden, sind poetische Aperçus über die elende Dialektik des Rauchens und Trinkens, über ketchupsüchtige Kinder und alle möglichen Schweizer Psychosen. Eine grosse Sehnsucht nach dem – inneren –Paradies vibriert leise zwischen den Zeilen. Ja, diese bluesige Comédie humaine ist echt – wem sonst passiert es, dass die weggeschnippte Kippe direkt auf der Mütze des vorbeigehenden Securitasmannes landet?

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